Februar 2025

In Kartons durch die Zeit reisen

Lange bevor wir uns für ein Familienvanlife entschieden haben, war der Plan unser Haus, 1925er Baujahr, nach unseren Vorstellungen möglichst ökologisch umbauen zu lassen. Genau hätte dies bedeutet: neuer Dachstuhl, neue Ziegel, Ausbau des Dachs, neue Zwischendecken, neue Böden, eine Umgestaltung der Raumaufteilung, Ausbau der Gasheizung und Einbau von Fußbodenheizungen in Verbindung mit einer Wärmepumpe sowie neue Fenster und auch die Bepflasterung des Hofes und der Wege und Einfahrt auf dem Grundstück. Da bereits im November 2023 die Gasheizung ausgestiegen ist, lebten wir seitdem schon in unserem Nebengebäude, das wir 2022 nach vier Jahren Umbau in fast kompletter Eigenleistung mit Unterstützung von Freund*innen und Familie fertiggestellt hatten. Lediglich Dinge wie Sanitär, Fassade, Trockenbau und Fliesen haben wir an Profis abgegeben. Wir wussten also was es in kleinerem Umfang bedeutet, beispielsweise einen Dachstuhl zu bauen, ein Dach zu decken, Wände zu mauern und ein Holzständerwerk zu stellen oder zu dämmen, Fenster einzubauen und Stromkabel zu verlegen. Vor allem bedeutete dies eine Menge Zeit zu investieren und fast keine mehr füreinander zu haben. Aus diesem Grund war für uns klar, dass wir den Umbau nicht in Eigenleistung machen werden. Jedoch trauten wir uns zu, das Entkernen zu übernehmen und so auch ein wenig Geld einzusparen. Dementsprechend begannen wir im Winter 2023 das Haus zu entkernen, sprich Heizungsrohre und alte Heizkörper rauszuschneiden, Wände abzureißen, den Dachstuhl freizulegen, Türen auszubauen aber vor allem auch alles, was wir in unserem neuen Haus nicht mehr sahen, auszusortieren, wegzugeben, zu spenden und zu verkaufen. Zwischen Weihnachten und Neujahr machten wir mit unseren lieben Freund*innen aus der Nachbarschaft einen Hausflohmarkt, der sogar erfolgreicher war als erwartet. Seitdem haben wir das ein oder andere immer wieder zum Verkaufen bei gängigen Verkaufsplattformen hochgeladen. Ich weiß nicht, wie es anderen so ergeht, aber bei uns ist da leider eine ziemlich große Diskrepanz zwischen der Vorstellung wie wir ganz einfach mal Dinge zum Verkauf reinstellen und der tatsächlichen Umsetzung dessen. Also stehen auch immer noch Kisten mit aussortierten Sachen herum und warten darauf verkauft zu werden. Weshalb wir jetzt, mit der Hoffnung dann nur noch ganz wenig hochladen zu müssen, nochmal im Frühling einen erneuten Flohmarkt, bei uns auf dem Hof planen. Denn es blieb nicht nur bei einem Mal aussortieren, es folgten noch drei weitere Male, bei denen wir jeden Umzugskarton, den wir befüllt hatten, noch einmal auf machten und genau unter die Lupe nahmen. Da wir das nicht innerhalb von drei Wochen gemacht haben, sondern immer ein halbes Jahr dazwischen lag, war genügend Zeit da, um manche Dinge komplett zu vergessen oder festzustellen, dass man sie echt nicht mehr braucht. Bei denen war es dann auch ziemlich klar, dass sie weichen dürfen. Und bei anderen Sachen ... da halfen uns die Mäuse. Einen Teil unserer Kartons hatten wir nämlich in der Garage von unseren lieben NachbarInnen unterstellen dürfen. Wie wir nach einem Jahr Einlagerung feststellten, war oder ist die Garage Lebensraum mindestens einer Maus, die sich munter durch unser Hab und Gut geknabbert hat. Bei einigen Sachen hat’s kurz geschmerzt. Allerdings war die Erleichterung am Ende dann aber doch größer, da wir nach der gesamten Aussortier - Aktion nochmal um viele Kisten leichter waren. Es fühlte sich an wie zwischen zwei Welten hin und her zu reisen. Schließlich hatten wir die Kisten gepackt, aus unserem Haus rausgetragen und dort in die Garage mit dem Gedanken eingeräumt, sie nur wenige Monate später wieder in dasselbe Haus, nur in anderem Look reinzutragen und dort auszuräumen. Und dann standen wir dort, nahmen die Kisten in die Hand und es gab kein Bild in unserem Kopf von dem Haus, in dem die Dinge wieder ihren Platz finden würden. Dieser Gedanke ließ uns Aufregung und Freude fühlen. Denn, wenn nichts sicher ist, ist einfach alles möglich. Und mit dem Wissen und dem Blick in die Vergangenheit wurde uns noch einmal klar, dass wirklich viel passiert ist - in uns, an uns und um uns herum - seitdem wir diese Kartons dort gestapelt hatten. Und wieder waren wir froh, dass alles so gelaufen ist, wie es gelaufen ist und wir uns getraut haben neue Wege gehen zu wollen. Es gab einige Momente in den letzten Jahren, in denen wir, sowohl einzeln für uns als auch gemeinsam, ehrlich nicht mehr weiter wussten. In den Situationen selbst überwältigten uns viel große und unangenehme Gefühle. Doch wir schafften es immer wieder mit Abstand drauf zu schauen und das Vertrauen dahingehend aufzubringen, dass das, was wir in der Gegenwart erleben für irgendetwas in der Zukunft gut sein wird. Und genau dieses „irgendwas“ konnten wir in diesen Momenten des erneuten Anfassens der Kartons erleben.

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Januar 2025

Ein Gedanke zwischendurch

Als ich Alex dieses Bild zeigt habe, das ich am letzten Sonntag beim Joggen gemacht habe, ist uns der Gedanke gekommen, dass wir uns mit dem Abschied von unserem jetzigen Haus auch von all den Wegen, die wir im Alltag gehen, all den Bildern, die wir dabei immer wieder sehen, all den Menschen, die unsere Nachbar*innen im engen und im weitesten Sinne sind, genauso den wöchentlichen oder täglichen Routinen in unserem zu Hause oder unserem Stadtteil, aber und auch von der Perspektive, die wir auf die Stadt von hier haben, verabschieden werden. Jeder Tag ist bis zum Moment im Sommer, in dem wir losfahren, der Letzte hier in Bezug auf all diese Dinge. Der Gedanke wirkte einerseits wahnsinnig befreiend auf uns, machte mich aber gleichzeitig auch für den kurzen Moment des Denkens sehr wehmütig. Plötzlich ploppten so viele Erinnerungen bei mir auf und ich sah Bilder aus den letzten Jahren durch meinen Kopf ziehen. Erstaunlicherweise erschienen vorrangig welche von Momenten, in denen wir lachten, obwohl es mir eigentlich den Großteil der Zeit gar nicht mal so gut ging. Na klar gab es die schönen, leichten Momente, die an der Oberfläche immer mal wieder auftauchten, aber eben viel mehr herausfordernde Zeiten, in denen mit der Heilung vieler Verletzungen eine Menge Trauer, fehlende Sicherheit und Anstrengung tief wirkten. 

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Der Weg zur Entscheidung

Im letzten Sommer haben wir nach mehreren Jahren gemeinsamer großer Sehnsucht nach einem selbst gestalteten zu Hause auf Rädern mit einem Alltag, der von großer Einfachheit geprägt ist genau dafür und gegen den bestehenden Plan eines Hausumbaus entschieden. Eine neue Situation hat alle Ketten im Kopf gesprengt und den Mut für Veränderung herausgefordert. Ich war beruflich zu diesem Zeitpunkt gerade zu einem Drittel mit meinem Referendariat fertig und hatte darin noch ein Jahr vor mir, unser Haus stand kurz vor der Sanierung, für die wir einen zweiten Kredit aufnehmen wollten. Der Kurs war eigentlich auf „für immer“ in diesem Haus bleiben und es jetzt so für uns bauen, wie wir es haben möchten, ausgerichtet. Mit dem Entkernen hatten wir schon begonnen und der Prozess war schon fast abgeschlossen. Der Kreditvertrag lag schon eine Woche bereit, ohne Unterschrift drunter - Der Architektenvertrag war bereits abgeschlossen.

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